Sympathikus: Schlüsselrolle im Stressgeschehen und der Regulation vegetativer Funktionen (5. Teil)
Die Aktivierung des Sympathikus markiert eine physiologische Reaktion auf reale oder subjektiv wahrgenommene Bedrohungen und stellt den Organismus auf eine unmittelbare Kampf- oder Fluchtreaktion ein. Es handelt sich hierbei um eine adaptive Antwort des vegetativen Nervensystems (VNS), um kurzfristig die körperliche Sicherheit zu gewährleisten. Entscheidend ist die individuelle Wahrnehmung einer Bedrohung, welche subjektiv empfunden wird und somit zu variablen Schwellenwerten führt.
Die sympathische Aktivierung geht mit einer charakteristischen physiologischen Kaskade einher:
- Steigerung des kardialen Outputs (Herzfrequenz und Kontraktilität) zur verbesserten Organ- und Muskelversorgung
- Bronchodilatation zur Optimierung des pulmonalen Gasaustausches
- Vermehrte Abatmung von Kohlendioxid zur Stabilisierung des Säure-Basen-Haushalts
- Freisetzung von Glukosereserven aus der Leber für eine rasche Energiezufuhr
Stress wird klinisch häufig als Zustand der gesteigerten sympathischen Aktivität beschrieben. Im Idealfall kehrt das System nach Wegfall der Bedrohung durch Aktivierung des ventralen (cranialen) Nervus vagus wieder zur Homöostase zurück. Der ventrale Vagus agiert als Gegenspieler des Sympathikus und ermöglicht so eine Rückkehr zu sozialer Interaktion und Entspannung.
Wichtig ist auch die Differenzierung zwischen einer sympathischen Aktivierung und einer Aktivierung des dorsalen (hinteren) Vaguskerns: Während ersteres zu Mobilisation führt, resultiert letzteres in Rückzug und Immobilisation, was klinisch mit depressiven Zuständen assoziiert wird.
Ursprung und Verlauf
Der sympathische Anteil des VNS entspringt in den Seitenhörnern des Rückenmarks (Segment C8–L2) und zieht über den Grenzstrang (Truncus sympathicus), der ventrolateral entlang der Wirbelsäule verläuft. Dort erfolgt eine Umschaltung auf postganglionäre Fasern, welche die peripheren Zielorgane und Strukturen innervieren.
Sympathische Innervation und deren Auswirkungen
- Blutgefässe: Sympathische Fasern begleiten arterielle Gefässe und regulieren Gefässtonus sowie trophische Prozesse aller Gewebe.
- Niere und Milz: Regulation von Hämodynamik, Filtration und Immunmodulation.
- Haut: Ausschliesslich sympathisch innerviert; Regulation von Haut-pH-Wert, Fettstoffwechsel und Lymphfluss. Sympathische Überaktivität äussert sich vornehmlich in trophischen Störungen.
- Faszien: Insbesondere die Fascia superficialis reagiert mit einer Tonuserhöhung auf sympathische Stimulation. Die daraus resultierenden Verspannungen führen zu einer verschlechterten Durchblutung.
Fascia superficialis und ihre Rolle im vegetativen System
Die Fascia superficialis besitzt eine ausgeprägte sympathische Innervation, welche zu etwa 80 % über vegetative und zu etwa 20 % über somatische Anteile vermittelt wird. Diese erfolgt über periphere Nerven (Ramus dorsalis, Ramus ventralis, Ramus lateralis) sowie entlang der arteriellen Blutgefässe. Die Fascia superficialis repräsentiert einen bedeutenden Schnittpunkt für die somatisch-vegetative Interaktion und zählt zu den wichtigsten Wahrnehmungsstrukturen des vegetativen Nervensystems.
Die Fascia superficialis erhält sympathische Fasern über folgende Wege:
- Rami communicantes der peripheren Nerven (segmentale und plexusbezogene Innervation)
- Viszerale Nervenfasern (aus Ramus dorsalis, ventralis und lateralis)
- Sympathische Fasern entlang der arteriellen Blutgefässe zur Regulation des lokalen Tonus und der trophischen Versorgung
Die Fascia superficialis ist zentral für die Somatisierung vegetativer Prozesse zuständig. Typische Reaktionen, die über die Faszie vermittelt werden, umfassen Änderungen in der lokalen Durchblutung, Schweisssekretion und Behaarungsreaktion. Durch ihre intensive vegetative Innervation repräsentiert sie zudem viszerale Funktionen. Chronische sympathische Überaktivität führt zu anhaltenden Spannungszuständen der Faszien mit konsekutiver Durchblutungsstörung und Bewegungseinschränkung.
Ausblick
Im nächsten Blogbeitrag betrachten wir vertiefend die Auswirkungen einer erhöhten sympathischen Aktivität auf die Faszienstruktur, insbesondere auf zellulärer Ebene sowie in Bezug auf die Zusammensetzung und Funktion der Grundsubstanz.
