Befund der Faszie und des vegetativen Nervensystems

Die Befundaufnahme ist für mich als medizinische Masseurin entscheidend für die richtige Behandlungswahl. In den nächsten zwei Blogs möchte ich euch erläutern, worauf ich in der Anamnese, Inspektion und Palpation besonders achte. Die Faszie kann das Vegetativum beeinflussen oder umgekehrt. Deshalb ist es essenziell, die Symptomatik beider Systeme zu erkennen. Besonders interessiert mich in der Praxis der Sympathikus, da sich dessen Ungleichgewicht in der Faszie am deutlichsten zeigt.

Anamnese: Wie erkenne ich eine Dysregulation des Sympathikus und der Faszien?

In der Anamnese achte ich auf typische Merkmale, die ich direkt frage oder indirekt beobachte. Diese Hinweise lassen sich sowohl in der verbalen als auch in der körperlichen Sprache des Patienten erkennen.

Sympathikus: Indirekte Zeichen

  • Schlucken, Räuspern, Trockenheit im Mund: Der Pharynx und die oberen Atemwege sind durch eine Kombination aus somatischer und viszeraler Innervation gesteuert. Eine Überlastung des Sympathikus kann die Sekretproduktion der Schleimhäute reduzieren, was sich durch trockenen Mund, vermehrtes Schlucken oder Räuspern äussern kann.
  • Pupillen: Bei einer Erhöhung der Sympathikus-Aktivität reagieren die Pupillen mit einer Weitstellung
  • Verhalten und Auftreten: Ist der Patient nervös oder unruhig? Sitzt er angespannt oder zeigt er eine „Flucht- oder Kampfhaltung“? Eine gesteigerte Sympathikusaktivierung kann sich in Unruhe, Zappeln, angespannten Schultern und vermehrtem Redefluss zeigen.
  • Stimmung: Zeigt der Patient Anzeichen von Überreizung, Unzufriedenheit, Reizbarkeit oder erhöhter Stressreaktion? Chronische Stressbelastung kann die Grundstimmung beeinträchtigen und ein Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems verstärken.

Sympathikus: Direkte Fragen in der Anamnese

  • Atmung: Gibt es Atembeschwerden wie Kurzatmigkeit oder Hyperventilation?
  • Schlaf: Liegt eine Neigung zu Einschlaf- oder Durchschlafstörungen vor?
  • Verdauung: Treten Verstopfung oder Durchfall vermehrt auf?
  • Ausscheidung: Gibt es Probleme mit vermehrtem oder reduziertem Harndrang?
  • Thermoregulation: Fühlt der Patient sich oft zu kalt oder zu warm? Wechselnde Temperaturempfindungen können auf eine autonome Dysfunktion hindeuten.
  • Niedrige HRV: Kann auf Stress, Erschöpfung oder eine Überaktivierung des Sympathikus hinweisen

Faszienbefund und ihre Verbindung zum Sympathikus

Besonders häufig manifestieren sich fasziale Beschwerden im Rückenbereich. Dies ist auf die Rami dorsales zurückzuführen, die zu 80% vegetativ sind. Es können aber auch nur Segmente betroffen sein. Entscheidend ist, wie der Patient seine Beschwerden beschreibt. Ist der Sympathikus chronisch aktiv, sind die Symptome oft:

  • Grossflächig: Die Beschwerden erstrecken sich über eine grössere Region statt auf einen punktuellen Schmerzpunkt beschränkt zu sein.
  • Verspannung ohne klaren Schmerz: Patienten berichten häufig von einem dumpfen, drückenden oder ziehenden Gefühl ohne stechenden oder lokalisierbaren Schmerz.
  • Der Patient zeigt das betroffene Areal mit der Handfläche: Anders als bei myofaszialen Triggerpunkten, die oft mit einem Fingerpunkt angezeigt werden, neigen Patienten mit Problemen in der Fascia superficialis dazu, eine gesamte Region mit der Handfläche zu zeigen.
  • Beschwerden verstärken sich bei Luftzug oder Kälte: Vegetativ bedingte Faszienveränderungen reagieren empfindlicher auf thermische Reize.
  • Stress verstärkt die Symptomatik: Da der Sympathikus in Stresssituationen aktiver wird, nehmen die Beschwerden bei psychischer Belastung zu.
  • Mögliche Überempfindlichkeit der betroffenen Region: Berührung oder Druck kann als unangenehm empfunden werden.

Zusammenfassung und Bedeutung für die Praxis

Das vegetative Nervensystem und die Faszien stehen in einer engen Wechselwirkung. Ein erhöhter Sympathikotonus kann zu faszialen Verspannungen führen, während restriktive Faszien ihrerseits das vegetative Nervensystem stimulieren und verstärken können. Daher ist es essenziell, sowohl in der Anamnese als auch in der manuellen Befundung auf diese Zusammenhänge zu achten.

Durch eine gezielte Befundaufnahme kann die richtige Therapieform gewählt werden, sei es durch fasziale Techniken, vegetative Regulation oder eine Kombination aus beiden. Dies trägt dazu bei, die Selbstregulation des Patienten zu unterstützen und langfristige Lösungen für dysfunktionale Spannungsmuster zu finden.

Ausblick: Inspektion und Palpation als nächste Schritte

Nachdem die Anamnese wertvolle Hinweise auf eine Dysregulation des Sympathikus und fasziale Spannungsmuster geliefert hat, folgt der nächste entscheidende Schritt: die Inspektion und Palpation. In meinem nächsten Blog werde ich darauf eingehen, wie sich vegetative Dysbalancen durch visuelle und manuelle Techniken weiter differenzieren lassen und welche spezifischen Merkmale auf eine funktionelle Störung hinweisen. Bleibt gespannt und freut euch auf wertvolle, praxisnahe Tipps zur gezielten Untersuchung der Faszien und des vegetativen Nervensystems!

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