Physiologie der Faszien und deren Auswirkung bei erhöhtem Sympathikus

Die Faszie bildet Netze die sich in verschiedene Richtungen verschieben und entfalten können. Sie besteht aus Zellen und einer extrazellulären Matrix.

Die Zellen

Obwohl Zellen nur einen geringen Anteil am Volumen des Fasziengewebes ausmachen, spielen sie eine entscheidende Rolle als Modulatoren der Faszienarchitektur. Eine Untersuchung von Yahia, Pigeon und DesRosiers (1993) zeigte, dass Fasziengewebe kontraktionsfähig ist. Dabei wurde die besondere Rolle der Myofibroblasten entdeckt. Sie ist eine spezielle Ausprägung von den Fibroblasten und ist hoch kontraktil.

Bei einer Aktivierung des Sympathikus, beispielsweise im Rahmen der Kampf-oder-Flucht-Reaktion, kommt es unter anderem zu einer Kontraktion der Myofibroblasten, was kurzfristig eine erhöhte Spannung im Fasziengewebe auslöst. Bei einem anhaltenden Stress, kann diese Spannung chronisch werden, was die Gewebeelastizität und -funktion beeinträchtigt.

Eine weitere Hypothese besagt, dass eine Absenkung des pH-Wertes in der Grundsubstanz die kontraktile Aktivität der Myofibroblasten zusätzlich steigert. Wie der pH-Wert die Grundsubstanz beeinflusst und welche Auswirkungen dies auf die Faszienphysiologie hat, wird im nachfolgenden Kapitel erläutert.

Die Extrazellulärmatrix

Die Extrazellulärmatrix ist ein zentraler Bestandteil des Bindegewebes und übernimmt sowohl mechanische als auch strukturelle Aufgaben. Sie verteilt mechanische Belastungen gleichmässig auf das Gewebe und bildet die strukturelle Umgebung, in der die Zellen eingebettet werden. Die Extrazellulärematrix dient als Gerüst, an dem sich Zellen anhaften und entlang bewegen können (Standring, 2008). Sie setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen: der Grundsubstanz und den Fasern.

Der Sympathikus hat einen stärkeren Einfluss auf die Grundsubstanz, daher wird sie im folgenden Abschnitt näher betrachtet.

Die Grundsubstanz

Die Grundsubstanz ist eine amorphe, gelartige Substanz, die aus Proteinen, Wasser und Hyaluron besteht. Der Sympathikus übt indirekt eine unmittelbare Wirkung auf das Hyaluron aus. Daher ist es wichtig, die spezifische Funktion des Hyalurons zu verstehen und die daraus resultierenden Auswirkungen zu betrachten.

Funktionen:

  • Es bindet grosse Mengen Wasser (1 g Hyaluron bindet bis zu 6 Liter Wasser).
  • Es dient als Schmiermittel und Bindemittel im Gewebe.
  • Es trägt zur Viskosität der Grundsubstanz bei, die sich durch Faktoren wie Temperatur (bis 40 °C), pH-Wert und Bewegung verändern kann.

Eine erhöhte Sympathikusaktivität, beispielsweise durch Stress, führt häufig zu einer oberflächlichen Atmung. Diese kann den pH-Wert der Grundsubstanz senken, was eine Veränderung der Viskosität des Hyalurons nach sich zieht. Eine solche Dysbalance in der hyaluronreichen Matrix kann erhebliche Folgen haben:

  • Entstehung von Schmerzen.
  • Förderung von Entzündungsprozessen.
  • Verlust der Gewebefunktionalität.

Diese Veränderungen unterstreichen die Bedeutung der Regulation von Stress und des Sympathikustonus für die Erhaltung einer gesunden Extrazellulärmatrix und der damit verbundenen Gewebefunktion.

Zusammenfassung

Die häufig subjektive Beschreibung eines Patienten, der sich im Kampf-oder-Flucht-Modus befindet – etwa „Ich fühle eine grosse Spannung im Körper“ – lässt sich hypothetisch durch die Kontraktionen der Myofibroblasten erklären. Ebenso könnte die Aussage „Ich kann mich nicht mehr so gut bewegen“ mit der verminderten Viskosität der Grundsubstanz in Verbindung stehen, die durch Stress oder Veränderungen im vegetativen Nervensystem beeinträchtigt wird. Diese anamnestische Aussage, kann durch die schlechte generalisierte Verschieblichkeit der Faszie zusätzlich Palpation bestätigt werden. 

Ausblick auf die praktische Befunderhebung

Im nächsten Blogbeitrag widmen wir uns vertiefend der Frage, wie erhöhte sympathische Aktivität spezifisch in der Befunderhebung erfasst werden kann.

Quellen:

  • Carla Stecco/Atlas des menschlichen Fasziensystems/Auflage1./ELSEVIER
  • Lehrbuch Faszien Grundlagen – Forschungen – Behandlungen/Auflage 1./ELSEVIER
  • Manus Fasziopathie/Andreas Hass/www.fasciopathie.com/ Webinare

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